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Dienstag, 12. Februar 2008
"Garzón auf Baskenjagd"
utopia, 14:56h
Spanischer Untersuchungsrichter leitet höchstpersönlich neue Repressionsmaßnahmen gegen baskische Linke vor Ort. Aufruf zum Generalstreik am Donnerstag
Von Ingo Niebel
Mitten in Europa, so sollte man meinen, würde ein Ausnahmezustand – selbst wenn er nicht offiziell verhängt wird – bemerkt werden. Im Fall des Baskenlandes trifft diese Vermutung nicht zu. Die baskischen Provinzen werden von der Madrider Zentralgewalt derzeit mit Repression überzogen – und in »Resteuropa« erhebt sich kaum eine Stimme der Kritik. Am Montag folgten Massenverhaftungen dem Demonstrationsverbot vom Sonntag und dem Ausschluß einer linken Partei von der Parlamentswahl am Freitag.
Gegen die fortdauernde Unterdrückung der baskischen Unabhängigkeitsbewegung durch die sozialdemokratische Regierung von Premier José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) wollen sich Basken am Donnerstag mit einem Generalstreik wehren. Ob auch dieser mit einem Verbot belegt wird, bleibt abzuwarten.
Zumindest in der Nacht zum Montag zog die spanische Justiz die Repressionsschraube weiter an, als zwölf Angehörige der illegalisierten Linkspartei Batasuna (Einheit) und zwei Mitglieder der Kommunistischen Partei der Baskischen Länder (EHAK) verhaftet wurden. Der Untersuchungsrichter Baltasar Garzón vom Sondergericht für Terror- und Drogendelikte (Audiencia Nacional) leitete die Operation persönlich vor Ort. Er wirft den Inhaftierten vor, mit der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) zusammenzuarbeiten. Außerdem will er verhindern, daß sich der Batasuna-Vorstand neu bildet.
Die Partei ist seit 2003 in Spanien verboten, aber nicht in Frankreich. Nur noch eine Handvoll der einst 38 Batasuna-Vorständler lebt in Freiheit. Unter den Festgenommenen befindet sich auch der ehemalige Europa-Abgeordnete Karmelo Landa. Er hatte am Sonntag in Bilbo (Bilbao) zusammen mit anderen Politikern zum Generalstreik am 14. Februar im Baskenland aufgerufen. Der Ausstand wird sich »gegen den Ausnahmezustand, den uns der spanische Staat aufdrängt« richten und »für einen demokratischen Rahmen und die Unabhängigkeit des Baskenlandes« eintreten. Bereits am Freitag hatte Garzón der linken Baskischen Patriotischen Aktion (EAE-ANV) die Teilnahme an der Parlamentswahl am 9.März untersagt.
Die jüngste Verhaftungswelle ist in der baskischen Politik auf Ablehnung gestoßen. Der Wohnungsbauminister der Regierung der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV), Javier Madrazo von der postkommunistischen Vereinten Linken (IU-EB), sagte, »die spanische Regierung hat die gesamte Justizmaschinerie in Gang gesetzt, um die patriotische Linke zu bestrafen«. Die IU-EB regiert als Juniorpartner mit den baskischen Christdemokraten (PNV). Deren hochrangiges Mitglied Joseba Egibar sprach von einem »fortdauernden Unsinn«, der darauf beruht, hinter »alles und jedem« die ETA zu vermuten.
Mit seiner Repressionsorgie hat Zapatero innerhalb eines Monats die Wählerschaft überzeugt, daß er den »Terrorismus« besser bekämpft als der Oppositionsführer Mariano Rajoy von der postfranquistischen Volkspartei (PP). Das ergab eine Umfrage der rechten Tageszeitung El Mundo. Trotzdem schrumpfte der Vorsprung der PSOE vor der PP auf unter drei Prozent. 70 Prozent der Spanier glauben, so El Mundo, daß Zapatero nach der Wahl wieder mit der ETA verhandeln wird. Das dürfte allerdings schwierig werden: Alle potentiellen Ansprechpartner sitzen im Gefängnis.
Junge Welt, 12.02.08
Von Ingo Niebel
Mitten in Europa, so sollte man meinen, würde ein Ausnahmezustand – selbst wenn er nicht offiziell verhängt wird – bemerkt werden. Im Fall des Baskenlandes trifft diese Vermutung nicht zu. Die baskischen Provinzen werden von der Madrider Zentralgewalt derzeit mit Repression überzogen – und in »Resteuropa« erhebt sich kaum eine Stimme der Kritik. Am Montag folgten Massenverhaftungen dem Demonstrationsverbot vom Sonntag und dem Ausschluß einer linken Partei von der Parlamentswahl am Freitag.
Gegen die fortdauernde Unterdrückung der baskischen Unabhängigkeitsbewegung durch die sozialdemokratische Regierung von Premier José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) wollen sich Basken am Donnerstag mit einem Generalstreik wehren. Ob auch dieser mit einem Verbot belegt wird, bleibt abzuwarten.
Zumindest in der Nacht zum Montag zog die spanische Justiz die Repressionsschraube weiter an, als zwölf Angehörige der illegalisierten Linkspartei Batasuna (Einheit) und zwei Mitglieder der Kommunistischen Partei der Baskischen Länder (EHAK) verhaftet wurden. Der Untersuchungsrichter Baltasar Garzón vom Sondergericht für Terror- und Drogendelikte (Audiencia Nacional) leitete die Operation persönlich vor Ort. Er wirft den Inhaftierten vor, mit der Untergrundorganisation Euskadi Ta Askatasuna (ETA, Baskenland und Freiheit) zusammenzuarbeiten. Außerdem will er verhindern, daß sich der Batasuna-Vorstand neu bildet.
Die Partei ist seit 2003 in Spanien verboten, aber nicht in Frankreich. Nur noch eine Handvoll der einst 38 Batasuna-Vorständler lebt in Freiheit. Unter den Festgenommenen befindet sich auch der ehemalige Europa-Abgeordnete Karmelo Landa. Er hatte am Sonntag in Bilbo (Bilbao) zusammen mit anderen Politikern zum Generalstreik am 14. Februar im Baskenland aufgerufen. Der Ausstand wird sich »gegen den Ausnahmezustand, den uns der spanische Staat aufdrängt« richten und »für einen demokratischen Rahmen und die Unabhängigkeit des Baskenlandes« eintreten. Bereits am Freitag hatte Garzón der linken Baskischen Patriotischen Aktion (EAE-ANV) die Teilnahme an der Parlamentswahl am 9.März untersagt.
Die jüngste Verhaftungswelle ist in der baskischen Politik auf Ablehnung gestoßen. Der Wohnungsbauminister der Regierung der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV), Javier Madrazo von der postkommunistischen Vereinten Linken (IU-EB), sagte, »die spanische Regierung hat die gesamte Justizmaschinerie in Gang gesetzt, um die patriotische Linke zu bestrafen«. Die IU-EB regiert als Juniorpartner mit den baskischen Christdemokraten (PNV). Deren hochrangiges Mitglied Joseba Egibar sprach von einem »fortdauernden Unsinn«, der darauf beruht, hinter »alles und jedem« die ETA zu vermuten.
Mit seiner Repressionsorgie hat Zapatero innerhalb eines Monats die Wählerschaft überzeugt, daß er den »Terrorismus« besser bekämpft als der Oppositionsführer Mariano Rajoy von der postfranquistischen Volkspartei (PP). Das ergab eine Umfrage der rechten Tageszeitung El Mundo. Trotzdem schrumpfte der Vorsprung der PSOE vor der PP auf unter drei Prozent. 70 Prozent der Spanier glauben, so El Mundo, daß Zapatero nach der Wahl wieder mit der ETA verhandeln wird. Das dürfte allerdings schwierig werden: Alle potentiellen Ansprechpartner sitzen im Gefängnis.
Junge Welt, 12.02.08
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